Geschichte

Von Hawaii nach Fuldatal

Gedanklich verlassen wir Deutschland und reisen zu den Hawaii-Inseln, von den der englische Weltenbummler Cook berichtet, sie seien „Inseln unaussprechlicher Schönheit, einmalig auf der ganzen Welt“.
Auch zeitlich gehen wir zurück ins Jahr 1977 und stellen uns eine typische Hafenkneipe, voll mit US-Marines, vor. An einem Tisch sitzt der Offizier John Collins, der mit einigen seiner Soldaten im verbalen Clinch liegt, wer wohl der ausdauerndste Athlet sei: Der Schwimmer des 3,86 km langen „Roughwater-swim“ vor Waikiki-Beach, der Radfahrer des 180,2 km langen Radrennen rund um Oahu oder der Läufer des klassischen Honululu-Marathons.
Nach einer längeren Diskussion war die Idee dann geboren, alle drei Wettkämpfe hintereinander, non-stop durchzuführen. Der Gewinner sollte sich dann IRONMAN nennen dürfen.
Am 18. Februar 1978 machten die Stammtischbrüder ernst. Von den 15 Startern des ersten Triathlonwettkampfes kamen 12 stolpernd, ausgepumpt und erschöpft, aber voller Stolz ein IRONMAN zu sein, ans Ziel. Hawaii gibt diesem Wettkampf etwas geheimnisvolles, außergewöhnliches und faszinierendes. Man sagt, dass woanders auf der Welt diese Idee nicht in die Tat umgesetzt worden wäre.

Wer diese ersten Zeilen liest und schon zum 50. Jubiläum des TSV Ihringshausen die Festzeitschrift aufmerksam gelesen hat, dem werden diese Zeilen vielleicht bekannt vorkommen. Genauso fing der Beitrag des TRI-TEAM FULDATAL damals an. Damals die jüngste Abteilung des TSV Ihringshausen, am 1.1.1994 gegründet und von den anderen etablierten Abteilungen eher misstrauisch betrachtet, ob das was werden kann.

Weiter im Text von damals hieß es: „Immer mehr „Verrückte“ wie manche diese nannten, weil sie sich solche Strapazen nicht vorstellen konnten, wollten dieses Abenteuer wagen.“.
Anfang der 1980er Jahre explodierte die Teilnehmerzahl auf Hawaii von 108 Starter 1980 auf über 1400 Starter Ende des Jahrzehnts. Auch nach Deutschland schwappte der Gedanke über und die ersten Wettkämpfe fanden hierzulande statt. Die ersten Fuldataler waren auch dabei. Ausgestattet mit zum Teil Tourenrädern und halben Neoprenanzügen wagten sich Rolf Kater, Bernd Diegler, Herbert Bürgel und Norbert Benkner an ihre ersten Triathlonversuche heran. Norbert war es, der als erster Fuldataler im August 1989 im dänischen Rödekrö nach 11:54 h die original Distanz des IRONMAN absolviert hat.

Die Geburt des Tri-Team Fuldatal

Neben der langen Distanz gab es Triathlonwettkämpfe über kürzere Steckenlängen auch in unserer Region. Damit wurden weitere „Verrückte“ für diesen Sport geködert. In Fuldatal entstand neben den Läufern der LG Fuldatal eine weitere Gruppe vom Triathlongedanken infizierten Leuten, die auch bereits Mitglieder im TSV Ihringshausen waren. Anfang der 1990er Jahre lief man noch unabhängig nebeneinander her, aber man sah sich regelmäßig bei Wettkämpfen oder Trainingseinheiten. Um sich in einzelnen Disziplinen zu verbessern, ging man zum Training der Spezialisten und wurde dort aufgenommen. An dieser Stelle, wie bereits vor 25 Jahren, vielen Dank für die Unterstützung an die SSG Fuldatal und die LG Fuldatal.
Irgendwann in Laufes des Jahres 1993 wurde dann die Idee einer eigenen Abteilung geboren, zwar nicht in einer Hafenkneipe, sondern während einer längeren gemeinsamen Laufeinheit. Aber der Gedanke war nun da. Hintergrund war, dass man zum einen einen größeren Handlungsspielraum für die triathletischen Belange erhalten wollte und zum anderen sollte der Gemeinschaftssinn in dieser extrem individuellen Sportart gefördert werden.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten: Marion Holl, Nina Bachmann, Thomas Berninger, Thomas Böttcher, Dieter Koch, Mirco Gerke, Henner Rüppel, Dirk Ponsel und Norbert Benkner. Innerhalb der ersten sechs Monate in 1994 gesellten sich acht weitere Athleten dazu und die ersten Startpässe mit TRI-TEAM FULDATAL Aufdruck wurden geliefert. Die Gaststätte Schlömann sponsorte bedruckte T-Shirts und unser Vereinsbanner, von der Familie Gerke erstellt, war bei jeder Veranstaltung mit dabei und zierte viele Fotos.
Wir schafften es, unseren Bekanntheitsgrad zu steigern und mit den gemeinsamen Anfahrten zu den Wettkämpfen, unseren Mini-Radtrainingslagern über Ostern, der Anschaffung von einheitlicher Wettkampfbekleidung, der Veranstaltung von Trainingsseminaren und unzähligen Grill- und Weihnachtsfeiern wurde aus den vielen unterschiedlichen Leuten eine Einheit geformt.

Faszination Ironman gegenüber Teamsport Triathlon

Seit dem Jahr 1995 steht mindestens ein Athlet des Tri-Team Fuldatal bei einem Ironman Wettkampf oder einer Langdistanz weltweit an dem Start. Dazu gehören Orte wie das fränkische Roth, Frankfurt, Moritzburg, Hamburg, Glücksburg, Maastrich, Kopenhagen, Kalmar in Schweden, Klagenfurt, Zürich, Barcelona, Lanzarote, Penticton in Kanada, Miami und natürlich Hawaii.
Markus Roth war der erste Athlet des Tri-Teams dem die Qualifikation zur Teilnahme an den Weltmeisterschaften in Hawaii im Jahr 1997 gelang. Nach der erfolgreichen WM-Teilnahme erreichte er noch drei weitere Male bis 2012 einen Qualifikationsplatz für den Ironman auf Hawaii. Zuletzt war Thomas Sämann 2017 auf Big Island Hawaii am Start und vertrat dort das Fuldataler Team.
Erste Frau, die bei einem Ironman erfolgreich finishte und das Fuldataler Trikot trug, war Birgit Höhmann 2002 in Frankfurt. Mit je zweimaligem Ironman-Finish von Kai-Janne Wiemann, Agnes Stanislawski und Nina Bachmann und der mehrfachen Ironman-Finisherin Jutta Schang-Schild haben mehrere Damen nun schon öfters „solche Strapazen“ auf sich genommen.

Neben den langen Wettbewerben standen immer auch die kürzeren Distanzen im Fokus, weil die je nach persönlichen Anspruch und Trainingsmöglichkeiten mal so nebenbei am Wochenende gemacht werden können. Bei Jedermann- oder Volksdistanz- oder Sprint-Rennen (300 bis 750m Schwimmen, 20 km Radfahren, 5 km Laufen) sowie den Kurzdistanzen (1500m Schwimmen, 40 km Radfahren, 10 km Laufen) entwickelte sich der Sport auch insgesamt weiter. Mitte der 1990er Jahre mit der Meldung im Rücken, dass Triathlon in 2000 olympischer Wettbewerb mit der Kurzdistanz wurde, organisierten die deutschen Triathlonverbände erste Mannschaftswettkämpfe und ähnlich der Fuß- oder Handballliga war ein Triathlonligasystem entstanden.
Im Jahr 1997 entschied man im Tri-Team ein Herrenteam auf die Beine zustellen für das zunächst sechs später fünf Athleten notwendig waren. Es sollte doch der Gemeinschaftssinn gefördert werden. Die Hessenliga war der Einstieg 1998 und die Wettkämpfe fanden heimatnah statt. Nach ersten gesammelten Ligaerfahrungen wurde 2000 der Aufstieg in die zweite Triathlon Bundesliga durch eine starke und ausgeglichene Mannschaftsleistung perfekt gemacht. Ein riesiger sportlicher Erfolg für die immer noch recht junge Abteilung. Personelle Verstärkung musste irgendwie her und auch mit dem Finanziellen war eine neue Dimension durch längere Fahrten zu Wettkämpfen, Übernachtungskosten und höhere Kosten für Startgelder erreicht. Zudem wollten auch die Damen ein Team stellen, denn die Anzahl der weiblichen Mitglieder war inzwischen erfreulich hoch. In dieser Zeit unterstützte die Firma Osterberg das Team finanziell und materiell auf bemerkenswerte Weise.
Ohne dass es richtig konkret wurde, ist dann immer mal wieder die Veranstaltung eines eigenen Wettkampfes in Fuldatal zur Sprache gekommen.
Nach zwei Jahren in der recht anspruchsvollen zweiten Bundesliga ging es wieder zurück in die Hessenliga. Die Damen vom Frauenteam konzentrierte sich auch erstmal wieder mehr auf individuelle Ziele, was erfolgreich gelang, denn erste hessische Meistertitel durch Nina Bachmann im Duathlon und im Sprinttriathlon wurden gewonnen. Zudem platzierten sich die Fuldataler Athleten vermehrt auf den ersten drei Rängen in den Altersklassen und manche sogar in der Gesamtwertung. Carsten Bandowski erzielte bei den deutschen Duathlon Meisterschaften einen sehr guten 3. Rang in seiner Altersklasse und wurde damit 8. gesamt von 250 Teilnehmern.

Der Fuldataler Triathlon

Und dann ging es 2003 doch sehr zügig mit der Entscheidung zur Ausrichtung eines eigenen Wettkampfes. Bei der Gemeinde Fuldatal fand man offene Ohren, um die Sportstätten nutzen zu dürfen und Hilfe bei den nötigen Genehmigungen zu bekommen. Die Strecken hatten alle Beteiligten mehr oder weniger durch die vielen Trainingseinheiten im schönen Fuldatal im Kopf. Es musste nur noch die Feinabstimmung gemacht werden. Die Mitgliederzahl war ausreichend hoch und das Interesse an dieser neuen Herausforderung enorm groß. Das Orgateam um Marco Rudel plante den ersten Fuldataler Triathlon sehr akribisch, weil man Pannen unbedingt vermeiden wollte. 2004 war es am zweiten Augustwochenende dann soweit. Mit viel Spannung erwartet und großer Vorfreude gab die Bürgermeisterin Anne Werderich den ersten Startschuss für den Kurzdistanz-Wettbewerb. Mit dabei am Start war Lothar Leder, der damalige deutsche Top-Triathlet und Triathlonprofi.

Mittlerweile blickt man auf 15 erfolgreiche Veranstaltungen jeweils am zweiten Augustwochenende zurück, die allesamt von den Athleten, Zuschauern, den offiziellen Wettkampfrichtern und den Helfern gelobt wurden.
Die Helfer des Triathlons in Fuldatal sind die besondere Stütze der Veranstaltung. Ohne sie wäre dies alles nicht möglich. Die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, Verbänden, Abteilung, Gremien und Körperschaften funktioniert absolut problemlos.

Ein riesiges DANKESCHÖN hier an dieser Stelle.

Qualität spricht sich rum und so wurde der Hessische Triathlon Verband auf die Fuldataler Veranstaltung aufmerksam. Seit mehreren Jahren in Folge werden Mannschaftswettkämpfe für die unterschiedlichen hessischen Ligen der Herren und Frauen angeboten. Dies ist eine Auszeichnung, auf die alle Beteiligten Stolz sein können.

Die 2010er Jahre

Für das TRI-TEAM FULDATAL waren die 2010er Jahre sicherlich die erfolgreichsten Jahre bisher.
In den ersten Jahren übersprang die Mitgliederanzahl die 100er Marke und es wurden so viele Startpässe bestellt wie noch nie. Nur mit Startpass ist man berechtigt für eine Mannschaft in der Liga zu starten. Der Teamspirit war im Tri-Team weiterhin ungebrochen. Zur Spitzensaison waren zwei Damenteams und vier Herrenmannschaften in den Ligen unterwegs. Das erste Männer und das erste Damenteam fanden sich in der Regionalliga, einer Zwischenebene zwischen zweiter Bundesliga und erster Hessenliga, wieder. Hohes sportliches Niveau, erneut weite Reisen nach Süddeutschland und hohe Kosten für Startgelder standen zu buche, was aber durch die Einnahmen von der eigenen Veranstaltung gedeckt war.
Der Fuldataler Triathlon ist fest im Terminkalender etabliert und wurde nur 2018 wegen der Großbaustelle entlang der Hauptstrasse in Ihringshausen für ein Jahr ausgesetzt.
Individuelle Leistungen machten Schlagzeilen in der HNA. 2012 absolvierte Nina Bachmann ihre erste Mitteldistanz (1,9 km – 90 km – 21 km) oder auch Ironman 70.3 genannt in Antwerpen. Dies war eigentlich schon Herausforderung genug, doch stellte sich bei der Siegerehrung heraus, dass sie sich mit ihrer Leistung bei diesem Wettkampf für die Weltmeisterschaft über die Distanz im amerikanischen Las Vegas qualifiziert hatte. Jutta Schang-Schild startete beim Ironman 70.3 in Wiesbaden und holte sich ebenfalls einen Slot für die WM. Beide fuhren gemeinsam nach Las Vegas und vertraten die Fuldataler Farben. 2013 bestätigte Nina ihre Leistung, qualifizierte sich erneut für die WM und verbesserte in Las Vegas das Vorjahresergebnis um knapp eine Stunde.
Insgesamt begann der Boom der 70.3 Distanz Anfang der 2010er Jahre und hält bis heute an. Sehr viele Starter des Tri-Teams versuchten sich über die Mitteldistanz, die von vielen als ihre Lieblingsdistanz bezeichnet wird. Thomas Sämann war der nächste Fuldataler Athlet, der 2017 im amerikanischen Chattanooga bei der 70.3 WM startete. Dieter Koch qualifizierte sich für die WM 2018 im südafrikanischen Port Elisabeth und ist bereits für die WM 2020 im neuseeländischen Taupo qualifiziert.

Ausblick in die Zukunft

Die Zeit bewegt sich nur in eine Richtung und jeder hat in seiner persönlichen Geschichte Ereignisse, die eine Gabelung darstellen. Der eine geht in die eine Richtung, der andere in die andere. Sowohl räumlich als auch bei seinen Aktivitäten. Viele der Fuldataler Athleten haben aus den unterschiedlichsten Gründen Nordhessen oder sogar Deutschland verlassen. Andere können und wollen aufgrund von Beruf und Familie nicht mehr die Zeit für das umfangreiche Training aufbringen. Die nächsten merken bei ihren Aktivitäten ihr „Alter“ und fahren zurück. Wieder andere haben durch Unglücke oder Unfälle nicht mehr die Möglichkeit aktiv oder passiv den Sport auszuüben. Aber alle werden immer Fuldataler Triathleten bleiben und haben einen Teil der erfolgreichen Geschichte des TRI-TEAM FULDATAL mitgeschrieben (auch wenn sie nicht in diesem Text namentlich erwähnt wurden).

Zusammenfassen kann man sicherlich sagen, dass das anfängliche Mistrauen der anderen Abteilungen unbegründet und das Vertrauen des TSV Hautvorstandes gerechtfertigt war. So möge es auch bleiben.
Mit Freude kann die Festschrift zum 100. Jubiläum des TSV Ihringshausen erwartet werden. Vielleicht fängt dann der Text genauso an wie dieser.